Schweiz: Schaffhausen beherrscht die Liga nach Belieben. Amicitia bereitet Trainerlegende Ehret einen unwürdigen Abschied. Und die zivilrechtliche Klage von Raemy gegen Skavril hat weiter Bestand.
SCHAFFHAUSEN (SUI) Die Reaktion folgte prompt: Die Kadetten Schaffhausen haben Ende November in einer harten Selbstkritik und ohne Ausreden ihr Scheitern in der Gruppenphase der Champions League analysiert und offenbar die richtigen Konsequenzen gezogen und neue Schritte eingeleitet. Das Team von Trainer Petr Hrachovec führt die Tabelle der Schweizer Nationalliga nach 17 von 27 Runden des Grundprogramms mit fünf Punkten Vorsprung vor dem Duo Pfadi Winterthur und HC Kriens-Luzern an. Auch im Pokal sind die Kadetten auf Kurs und haben sich im Halbfinale gegen den TSV St. Otmar St. Gallen durchgesetzt. Sie treffen im März im Endspiel in Bern-Gümligen auf den HSC Suhr Aarau, der in der Vorschlussrunde GC Amicitia Zürich besiegte. Die Wiederaufnahme des Liga-Betriebs erfolgt dann Ende Januar.
In den verbleibenden zehn Runden des Grundprogramms geht es dann zunächst um die Qualifikation für die Play-offs und um die Zusammensetzung der Viertelfinals. In der kleinen Zehnerliga herrscht jedoch weiterhin ein grosses Leistungsgefälle. Zwischen dem souveränen Tabellenführer aus Schaffhausen und dem mutmasslichen letzten Play-off-Teilnehmer GC Amicitia besteht bereits eine Differenz von 19 Punkten. Die als „Fahrstuhlvereine“ etikettierten Clubs TV Endingen und RTV Basel werden mit den Play-offs mit grosser Wahrscheinlichkeit nichts zu tun haben. Die beiden Sorgenkinder der Liga beklagen zudem Verletzungspech und reagieren auf die düstere Zukunftsperspektive mit dem Zuzug von Personal aus dem Ausland.
Zum Jahresausklang und vor Beginn der Festtagspause hatten sich Pfadi Winterthur und die Kadetten Schaffhausen in der nahezu vollbesetzten AXA-Arena einen Kampf geliefert, der die Bezeichnung Spitzenspiel auch verdiente. Der Veranstalter warb mit Gratiseintritt, es gab Livepräsenz im Fernsehen und damit einen würdigen stimmungsvollen Rahmen – mit Sport auf ansprechendem Niveau und dem knappen 26:24 Sieg des etwas besseren Tabellenführers aus Schaffhausen. In den letzten Partien der ersten Saisonhälfte lieferte auch die Torhüterlegende Arunas Vaskevicius den Stoff für Schlagzeilen und Randgeschichten. Der Litauer mit Jahrgang 1973 füllte beim Meister eine Lücke, die der verletzte Österreicher Pilipovic hinterlassen hatte. Zusammen mit dem Keeper-Kollegen Ignacio Biosca trug der Altmeister viel dazu bei, dass Schaffhausen mit grossem Vorsprung überwintert. Der Verlierer des Derbys geht aber mit der Gewissheit in die Pause, dass er seine kleine Krise, die ihn auch noch die Tabellenführung gekostet hatte, gemeistert hat.
Das Team ist stark abhängig von seinem Regisseur und Goalgetter Kevin Jud, dessen jeweilige Tagesform den Unterschied ausmacht.
Komische Kommunikationspannen haben dagegen dazu geführt, dass eine andere Legende des Schweizerischen Handballs unverschuldet negative Schlagzeilen verursachte. GC Amicitia und sein Trainer Arno Ehret gehen seit zwei Wochen getrennte Wege. Der Weltmeister von 1978 und langjährige Erfolgscoach der SHV-Auswahl trat kurz vor Weihnachten zurück, weil sein Arbeitgeber offenbar vertragliche Abmachungen verletzt hatte. Neuer Trainer ab der Spielzeit 2020/21 wird jedenfalls der tschechische Altinternationale Jakub Szymanski, der vor einem halben Jahr als Spieler von Bern nach Zürich gewechselt war. Der Name Szymanski fiel schon in den ersten Gerüchten zum Trainerwechsel. Die Informationspraxis hat dem angeschlagenen Image des Traditionsclubs nicht geholfen.
Eine unerfreuliche Angelegenheit wird zudem ins neue Jahr übertragen. Die zivilrechtliche Klage des Thuner Nationalspielers Nicolas Raemy gegen Milan Skavril wegen gefährlicher Körperverletzung steht weiter aus. Der Tscheche, der beim Vorfall im Frühjahr noch bei Suhr Aarau gespielt hatte, lehnte Bedingungen für einen aussergerichtlichen Vergleich als inakzeptabel ab.
Die Swiss Handball League ruht derzeit bis Ende Januar. Jetzt steht die Nationalmannschaft im Vordergrund, die sich erstmals seit 2006 wieder für internationales Grossereignis qualifiziert hat.
Quelle: www.handballwoche.de, 31.12.2019, Hans Hogentobler