Unser Torhüter und Nummer eins Kristian Pilipovic über sein speziellstes Erlebnis in Schaffhausen, wie seine Familie in Österreich und Kroatien die Corona-Krise erlebt und weshalb die Aussage, Torhüter hätten es gemütlicher als die Feldspieler, ein grosses Gerücht ist.
Kristian Pilipovic, du spielst seit bald zwei Jahren bei den Kadetten. Was ist die speziellste Erfahrung, welche du in Verbindung mit Schaffhausen gemacht hast?
Pilipovic: Die Geburt meines Sohnes hier in Schaffhausen war für mich die speziellste und mit Abstand schönste Erfahrung meines Lebens.
Du hast Familie in Österreich und Kroatien – wie erleben sie die Corona-Krise? Anders als wir in der Schweiz?
P: Ja, meine Mutter und mein Bruder leben in Wien, sie müssen momentan beide zuhause bleiben. Mein Bruder hat acht Stunden Schule am Tag, er sagt es sei deutlich strenger als sonst und man wird sehr genau überwacht. Meine Mutter darf nicht mehr arbeiten gehen – allgemein darf man nur noch zum Einkaufen raus. Manchmal wird man dabei auch von der Polizei angehalten.
In Kroatien, wo meine restliche Familie lebt, arbeitet auch niemand mehr ausser die Lebensmittelläden. Dort ist es aber viel ländlicher, Grosseltern, Onkel und Tante, Cousins und Cousinen haben ihren eigenen Garten, bauen ihr eigenes Gemüse an, haben eigene Hühner. Dort ist man sowieso relativ viel zu Hause. Mein Onkel in Zagreb hat es momentan schwer, auch wegen des Erdbebens. Seine Wände waren fast eingebrochen, dann kam heftiger Schneefall und tagelanges Nachbeben. Und wegen des Coronavirus darf er die Stadt auch nicht mehr verlassen – er sagt, es sei die schlimmste Zeit seines Lebens. Ich glaube wir können uns in Schaffhausen glücklich schätzen. So wie ich es erlebe haben wir in der Schweiz die europaweit wahrscheinlich beste Organisation, vor allem wir in der Deutschschweiz haben es gut. Ich persönlich geniesse die Zeit ehrlich gesamt – um Zeit mit meiner Familie und meinem Sohn zu verbringen.
Die Menschen hamstern zurzeit die Läden frei – ohne welches Produkt kommt den Kristian Pilipovic nicht aus?
P: Ich bin da eigentlich sehr einfach, ich brauche nichts Spezielles damit ich überleben kann. Für die Familie brauchen wir Hafermilch oder Mandelmilch da ich und mein Sohn keine Kuhmilchprodukte konsumieren. Aber wir sind gut versorgt.
Du bist einer von drei Österreichern im Team. Wer kann am besten Schweizerdeutsch?
P: Wenn ich ein Ranking machen müsste würde ich Seppo Frimmel auf die Nummer eins wählen. Er hat auch außerhalb des Handballs viel Kontakt zu einigen jungen Schweizern. Lukas Herburger würde ich an die zweite Stelle nehmen. Er war als Vorarlberger schon immer sehr nah an der Schweiz und spricht auch sehr ähnlich. Er ist allerdings sehr stolz auf seinen „Ländle-Dialekt“. Ich für meinen Teil bleibe bei meinem „Hochdeutsch-Wiener-Dialekt.“ Grundsätzlich verstehen wir alle sehr gut Schweizerdeutsch, mittlerweile werden wir auch in der Kabine so angesprochen. Wir antworten dann halt auf Hochdeutsch – oder es kommt eine dumme Redewendung auf „Schwiizerdütsch“ zurück (lacht).
Inwiefern unterscheidet sich der Arbeitstag eines Torhüters eigentlich von einem Feldspieler? Ist es „gemütlicher“?
P: Ich glaube, dass es Torhüter gemütlicher haben ist ein Riesengerücht. In gewissen Sequenzen mag das stimmen, doch bin ich überzeugt, dass wir viel mehr Zeit wie die Feldspieler in unsere Arbeit investieren – auch weil wir in gewissem Masse Einzelsportler sind. Athletik ist enorm wichtig, und dann natürlich das Videostudium der Gegner und das eigene Spiel analysieren – Technik, Stellungsspiel. Gerade wenn wir Champions League und Liga gleichzeitig spielen verbringst du mehrere Nächte vor dem Computer. Da bist du am nächsten Tag auch mal etwas müde im Morgentraining. Aber 5-6 gehaltene Bälle mehr können ausschlaggebend sein, um das Spiel zu gewinnen.
In der Vorbereitung haben wir es zudem genauso hart. Klar, wir müssen nicht jeden Sprint oder jeden 800-Meterlauf mitmachen, weil wir eher auf die Kurzdistanz gut sein müssen. Ansonsten sind wir aber gerade in diesem Jahr mit dem neuen Torhütertrainer Dragan Jerkovic auf mehr Trainingseinheiten als die Feldspieler gekommen. Ich würde auch sagen, wir haben mental eine sehr hohe Belastung. Vielleicht mache ich mich nicht sehr beliebt mit dieser Aussage, aber ich glaube, dass wir Torhüter mehr mit Kopf spielen als die Feldspieler.
Quelle: Kadetten Medienstelle