Bald werden Schaffhauser Unterstützungsgelder fliessen. Bund sowie teilweise auch Kantone und Gemeinden unterstützen den Sport in der Corona-Krise finanziell. Der Profisport erhält ein zinsloses Darlehen, der Breitensport nichtrückzahlbare Beiträge. Ob das zur Rettung der Vereine ausreicht, wird die Zukunft zeigen.
tm.- Im Sport stehen neben Verbänden und Organisatoren auch zahlreiche Klubs vor existenziellen Problemen. Begründet wird dies mit den Absagen sämtlicher Sportveranstaltungen und Meisterschaftsbetriebe durch den Bund infolge der Corona-Krise. Um zu verhindern, dass der Schweizer Sport nicht massiv in seinen Strukturen geschädigt wird, hat der Bundesrat je 50 Millionen Franken als rückzahlbare Darlehen (innerhalb von 5 Jahren) für den Profisport zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen sowie als Subventionen im Fall einer existenzieller Bedrohung für den Breitensport gesprochen. Einige Kantone und teilweise auch Gemeinden haben nachgezogen und sprechen ebenfalls Unterstützungsbeiträge aus.
Die Unterstützung beantragt
So zum Beispiel der Kanton Zürich, der vergangene Woche Pfadi Winterthur 100’000 und Handball Stäfa 50’000 Franken als nicht rückzahlbare Geldleistungen zur Unterstützung überwies. Die Gemeinde Stäfa doppelte nach und überwies «ihrem» Klub weitere 35’000 Franken. Dazu brauchten die Vereine das Gesuch um Finanzhilfe gemäss Covid-Verordnung auszufüllen. «Zudem musste der Kausalzusammenhang zwischen der drohenden Zahlungsunfähigkeit und den Bundesmassnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus dargelegt werden. Im Weiteren galt es zu beschreiben, wie der Fortbestand des Vereins unter Berücksichtigung der zu erhaltenden Finanzmittel gesichert werden kann und welche Selbsthilfemassnahmen getroffen wurden», so Pfadi-Präsident Jürg Hofmann. Ähnlich klingt es aus Stäfa. «Die GS Players AG wurde vor zehn Jahren gegründet und ist für den Betrieb der NLB-Mannschaft des Handball-Clubs Gelb Schwarz Stäfa verantwortlich. Stünde die Aktiengesellschaft, die stark auf Sponsorengelder angewiesen ist und eine fragile Liquidität aufweist vor dem Ruin, hätte der Verein ein Riesenproblem», sagt dessen Vereinspräsident Silvio Solenthaler.
Die Situation offengelegt
Beide finanziell gebeutelte Vereine gelangten deshalb schnell ans Zürcher Sportamt und legten ihre Situation offen. Entsprechend zügig haben sie die Zusage des Kantons für die Finanzspritze erhalten. Im Weiteren zeigte sich die Gemeinde Stäfa mit einem zusätzlichen Unterstützungsbeitrag sehr solidarisch. Anders als in der Eulachstadt. «Ich würde mich aber sehr freuen, wenn die Stadt auch etwas beitragen könnte», hofft Jürg Hofmann. Beide nutzniessende Klubs bekräftigen, dass das erhaltene Geld grundsätzlich für den gesamten Verein Verwendung findet. Pfadi Winterthur, weil neben der NLA-Mannschaft auf allen Nachwuchsstufen ein professionell organisiertes Angebot besteht. Und der Zürcher NLB-Verein, weil mit einem Budget von 300’000 Franken der ganze Betrieb, inklusive Fanionteam, aufrechterhalten wird. «Handball Stäfa hat sechs Aktiv- und zwölf Juniorenmannschaften, wobei bei den U13 bis U19 die Junioren auch in den Elite-Kategorien mitspielen», erklärt Silvio Solenthaler.
Hohe Auflagen beim Bund
Sowohl Pfadi Winterthur als auch Handball Stäfa haben nicht mehr im Sinn, öffentliche Unterstützungsgelder beanspruchen zu wollen. «Die unbürokratische und schnelle Unterstützung durch den Kanton und die bewilligte Kurzarbeit helfen uns aktuell in Bezug auf die Liquidität weiter. Durch den Meisterschaftsabbruch sowie den damit verbundenen Wegfall der Playoff-Phase und der möglichen Finalteilnahme sind uns 150’000 bis 200’000 Franken Ertrag weggebrochen. Hier stünde uns noch der Weg an das Bundesamt für Sport offen, was aber mit sehr hohen Auflagen verbunden ist», kommentiert Jürg Hofmann die entsprechende Frage. «Das nehme ich nicht an und hoffe es auch nicht. Eine Ausnahme wäre, wenn sich die jetzige Situation noch einmal wiederholte. Das bedeutete aber auch, dass sich der Sport generell stark wandeln würde», meint Silvio Solenthaler, der die Unterstützung seitens der Gemeinde und des Kantons als Anerkennung und Belohnung für die seriöse Juniorenarbeit über Jahre hinweg betrachtet.
Auch eigene Aktivitäten
Um finanziell durch die Krise und ohne Sorgen über die Runden zu kommen, verschiebt Handball Stäfa sein sonst im Juni stattfindendes «Gross-und-Klein-Spielturnier» auf den Spätsommer. Der Verein ist den Ehrenamtlichen in seinem Umfeld dankbar, welche die wichtigste Arbeit leisten und dafür sorgen, dass die generierten Einnahmen jeweils vollumfänglich in die Vereinskasse fliessen. Im Weiteren ist geplant, dass die Trainings auf allen Stufen auch während den Sommerferien durchgeführt werden. « Wir erachten es zudem als sehr wichtig, dass wir bei unseren rund 400 Mitgliedern weiterhin gute Gefühle und Emotionen fördern» so Silvio Solenthaler. Pfadi Winterthur erlebte mit einer Reihe von Aktionen bereits vor einem Jahr eine riesige Solidaritätswelle, als der Verein schon kurz vor dem Aus stand. Aktuell werden handsignierte Leibchen von national und international bekannten Spielerpersönlichkeiten aus verschiedenen Sportarten. «Zudem können Fans ihren Namen auf dem Matchdress platzieren lassen. Vergangenes Jahr haben 300 Personen bei dieser Aktion mitgemacht», sagt Jürg Hofmann. Diesmal hofft der Ligakonkurrent der Kadetten, dass es 500 oder mehr sind.
Schaffhausen folgt in Kürze
In Sachen finanzieller Unterstützung hat der Nachbarkanton auf der linken Seite des Rheins einen Vorsprung. Ab wann darf aber in der Region Schaffhausen ein Unter-die-Arme-greifen durch den Kanton gerechnet werden? «Neben der Wirtschaft und der Kultur sind auch im Bereich Sport die Hilfspakete von Bund und Kanton bereit und am Laufen. Es gab und gibt auch hier diverse Detailfragen zu klären. Involviert ist das Bundesamt für Sport (BASPO). Die Spitzensportvereine verhandeln via Verband mit dem Bund, aber nur Fussball und Eishockey. Die anderen Sportarten laufen über andere Kanäle des Hilfspakets. Dazu wird der Breitensport in den Vereinen unterstützt. Es ist dann Sache der Regierung zu einem späteren Zeitpunkt auf der Kommunikationsschiene die konkrete Unterstützung von Schaffhauser Vereine allfällig bekanntzugeben», antwortet der Schaffhauser Sportdirektor Christian Amsler. Die Regierung stehe mit allen Spitzensportvereinen im Kanton –FC Schaffhausen, Kadetten Schaffhausen, VC Kanti Schaffhausen und TTC Neuhausen – im Kontakt und habe einen intensiven Austausch. «Es war mir wichtig, persönlichen Kontakt mit allen vier Vereinen aufzunehmen. Es sind nun auch die ersten Unterstützungsgesuche eingereicht worden. Selbstverständlich kann ich aus auf der Hand liegenden Gründen nicht auf finanzielle Details eingehen» sagt er dazu.
Abwendung von Härtefällen
Für Christian Amsler versteht sich von selbst, dass grosse Verlustsummen auf dem Spiel stehen. Aktuell sei es jedoch schwierig abzuschätzen, wie hoch die finanziellen Folgeschäden für die zahlreichen Breitensportvereine sind. «Es wird befürchtet, dass in Zukunft die wichtigen Sponsorengelder der lokalen Klein- und Mittelunternehmen ausbleiben, weil diese aufgrund der Corona-Krise selber in eine wirtschaftliche Not geraten sind.» Zur Minderung der Auswirkungen der Corona-Krise hat der Regierungsrat ein Massnahmenpaket zur unbürokratischen Unterstützung im Umfang von 50 Millionen Franken verabschiedet. Davon sieht die Regierung Finanzhilfen bis maximal 5 Millionen Franken zur Unterstützung von Kulturunternehmen, Kulturschaffenden oder Kulturvereinen im Laienbereich sowie von Sportorganisationen vor. «Ich bin glücklich darüber und erachte dies als sehr wichtiges Zeichen der Wertschätzung von Kultur und Sport als wesentliche Elemente des gesellschaftlichen Lebens in unserem Kanton», so der FDP-Mann. Und: «Unser Paket ergänzt die Massnahmen des Bundes. Es federt die negativen Auswirkungen der Corona-Krise im Kultur- und Sportbereich ab. Primärziel ist also die Abwendung von Härtefällen.» Wie viel Gelder in den Kultur- beziehungsweise in den Sportbereich fliessen werden, wird die nahe Zukunft zeigen.
Unterstützung durch die Stadt?
Damit bleibt die Frage offen, ob der Breitsport auch von Seiten der Stadt Schaffhausen Unterstützungsgelder erhalten wird. «Wir stehen im engen Kontakt mit dem Erziehungsdepartement des Kantons, mit dem wir uns in Kürze treffen und die Situation genau analysieren», antwortet der städtische Kulturreferent Raphaël Rohner. Gehandelt werde nach dem Kaskadensystem, das die Reihenfolge Bund, Kanton und Gemeinden vorgibt. «Sehen wir die Notwendigkeit einer Unterstützung, wird dies die Stadt Schaffhausen im Rahmen des Möglichen tun», so der FDP-Stadtrat. Dazu braucht es aber auch den Antrag von Stadtpräsident Peter Neukomm und Raphaël Rohner an den Stadtrat, der dann das Ganze abzusegnen hat. Aus auf der Hand liegenden Gründen könne er weder auf finanzielle Details und die Anzahl eingegangener Gesuche noch darauf eingehen, welche Vereine Anträge an den Kanton gestellt haben und wie hoch die Unterstützungsbeiträge sein könnten. ««Wenn es die städtische Unterstützung braucht, werden wir sicher alles unternehmen, dies auch auf dem politischen Weg zu bewerkstelligen», so der Stadtrat abschliessend.
Kommentar
«Spare in der Zeit, …»
An der Unterstützung für Sportvereine, Sportverbände und andere Nonprofit-Organisationen aus dem Sport durch Bund, Kantone und allenfalls durch die Gemeinden ist nichts zu bemängeln. Gerade im Breitensport geht es darum, die gemeinnützigen Strukturen aufrechtzuerhalten, damit der Sport auch über die Corona-Krise hinaus seine Leistungen erbringen kann. Es geht darum, denjenigen Sportvereinen, Sportverbänden und anderen Nonprofit-Organisationen aus dem Sport, die aufgrund der auferlegten Einschränkungen und Verbote in finanzielle Schräglage geraten sind, mit Unterstützungsgeldern unter die Arme zu greifen. Auch daran ist nichts auszusetzen.
Doch wie in allen Situationen, so hat auch die aktuelle Corona-Krise und ihre Unterstützungsabsichten zwei Seiten. Das Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um überhaupt einen Antrag im Bereich Breitensport stellen zu können, ist logisch. Doch der zweite Punkt des Bundesamts für Sport (BASPO) beim Antrag der nichtrückzahlbaren Beiträgen darf zumindest einmal infrage gestellt werden oder einfach zum Nachdenken anregen: «Antragsteller müssen von der Zahlungsunfähigkeit bedroht sein.» Laut BASPO bedeutet die drohende Zahlungsunfähigkeit, dass «gemäss der Liquiditätsplanung für die nächsten zwei Monate die in dieser Zeit fälligen Geldschulden nicht durch die erwarteten Einkünfte und durch die zum Stichtag vorhandenen liquiden Mittel gedeckt sind».
Solche Aussagen machen, wenn auf vergangene Jahre in den verschiedenen Sportarten zurückgeblickt wird, in einem gewissen Sinn stutzig. Gab es nicht schon viele Vereine, mit oder ohne Profibetrieb, die wiederkehrend aufgrund ihrer finanziellen Schieflage unter drohender Zahlungsunfähigkeit litten? Da kann einem durchaus der Gedanke aufkommen, dass die Corona-Krise zur rechten Zeit kam, um den Untergang – dank staatlicher Unterstützung – noch einmal hinauszuzögern. Gleichzeitig kann die Frage gestellt werden, ob es fair ist, Vereine mit weitsichtiger und nachhaltiger Finanzplanung nicht (zusätzlich) zu unterstützen. Ist ja auch nicht notwendig, denn diesen geht es trotz Krise finanziell ja gut. Im Weiteren wirkt der Anspruch des Profifussballs auf eine Sonderbehandlung äusserst irritierend. Auch im Eishockey geht es um viel Geld, denn die Play-offs sind hier die absoluten Kassenschlager. Gleichwohl bringt der Eishockeysport den Mut auf, die Realität anzuerkennen. Im Fussball liegen vielerorts aber bereits Forderungen auf Zuschüsse von Städten und Kantonen auf dem Tisch. Das kommt in vielen Sportkreisen und auch bei vielen Fussballfans nicht gut an, denn wer von sich behauptet, er habe viel Geld und könne sich entsprechend das Hobby Profifussball leisten, sollte genau das auch in der aktuellen Krise beweisen.
Und plötzlich taucht ein Satz auf, der einem einst von klein auf immer wieder gepredigt wurde: «Spare in der Zeit, so hast du in der Not.» Der Volksmund hat damit wieder einmal Recht: Wer in guten Zeiten etwas zurücklegt, kann sich später – gerade dann, wenn die Trauben eine Zeit lang deutlich höher hängen – freuen. Dieser weise Rat gilt ohne Abstrich in finanzieller Hinsicht: im privaten Bereich, in der Wirtschaft und ebenso in den Vereinen, in denen es oft an der Übernahme von Eigenverantwortung (auch in finanzieller Hinsicht) mangelt.
Quelle: Marcel Tresch