Die Handball Academy trotzte dem Corona-Lockdown und fand kreative Lösungen

kadetten1. Mannschaft, SHL

Seit Montag dem 8. Juni kann die Suisse Handball Academy wieder ohne Auflagen trainieren. Unter der Leitung von Nationaltrainer Michael Suter hat die Talentschmiede die Corona-Zwangspause ideal genutzt. Die Spieler konnten das Hallentraining professioneller starten, als je zuvor.

Eine der wenigen Sportinstitutionen, die während der Corona-Krise nicht in den Tiefschlaf gefallen war, ist die Suisse Handball Academy (SHA). Zwar flog der Ball auch in der BBC Arena kurzzeitig nicht durch die Halle. Doch wurde von der in Schaffhausen ansässigen Talentschmiede schnell kreative Lösungen gefunden: „Gleich nach dem Lockdown hatten wir uns angefangen zu überlegen wie es weitergehen soll, wir wollten uns nicht einfach zurücklehnen. Ab dem 16. März hatten wir Trainings via Zoom-Meetings angeboten, an denen teilweise über 50 Spieler teilnahmen. Wir konnten diese für den athletischen Aufbau sehr gut nutzen“, erklärte Nationaltrainer Michael Suter, der für die Leitung der Academy verantwortlich ist.

Suter und sein Team können ihre Rohdiamanten seit Mitte Mai auch in der Halle wieder fordern. Unter den einschränkenden Massnahmen des Bundes mussten sich die Verantwortlichen aber auch hier ideenreich zeigen. In einem Rochade-System, wurde in 4er-Gruppen plus Torhüter und ein Trainer an drei verschiedenen Orten gleichzeitig trainiert – Warm-up, Krafttraining, Hallentraining. Bei den U-Nationalspielern konnte Suter auch in grösseren Gruppen trainieren. „Ich habe aber auch dort die Zweikämpfe weggelassen“, so der 45-jährige, der für die Academy sechsmal pro Woche – davon zweimal morgens um sechs Uhr – in der BBC Arena steht. Da er in seinem Amt als Nati-Trainer aufgrund der Absagen der WM-Qualifikationsspiele gegen Island zuletzt eingeschränkt war, hatte er umso mehr Energie in die Academy investiert.

Individuelle Lösungen

Probleme stellten sich Suter nicht nur im Trainingsbereich. Die SHA bietet ihren Absolventen zwei Optionen, eine Voll- und eine Teil-Lösung. Bei ersterer wohnen die Spieler unter der Woche auf dem Campus der BBC Arena und geniessen Vollpension. Die Eltern bezahlen dafür monatlich 1500 Franken. Da nach dem Konzept der Academy auch die schulische Ausbildung nicht zu kurz kommen soll, sind die Trainingseinheiten so gelegt, dass die Spieler den Tag durch eine Lehre oder die Kanti absolvieren können. Corona pfuschte da etwas dazwischen: „Die Kanti-Schüler sind zurück zu den Eltern gegangen, sie hatten Schule von zu Hause aus. Die Lehrlinge sind geblieben, sie durften weiter arbeiten. Training war aber natürlich auch für sie nicht möglich. Von daher hatten wir einen Unterbruch“, meint Suter. Doch konnte die Academy auch mit ihren Vorteilen locken: Verschiedene U-Nationalspier hatten zuletzt in Trainings reingeschaut und Academy-Luft geschnuppert. Gut möglich, dass die SHA dadurch weiter Zuwachs erhält.

Nun wieder Courant normal

Seit dieser Woche verläuft der Trainingsbetrieb nun wieder in den gewohnten Gängen. Suter spricht von intensiven Wochen, die man hinter sich hätte. „Die Spieler sind momentan wahrscheinlich weiter, als sie es gewesen wären, wenn sie gespielt hätten. Sie konnten sich dem körperlichen Aufbau widmen, was nicht nur Athletik betrifft, sondern auch Beweglichkeit und sonstigen Fertigkeiten ohne Ball“, so Suter. Nun sei man aber froh, dass wieder der Courant normal herrscht.

Unter den Augen von Suter, Espoirs-Trainer Marco Lüthi und dem Ex-Kadetten-Assistenztrainer Werner Bösch, der nebst seinem Amt als Trainer von Kreuzlingen weiterhin für 3-4 Trainingseinheiten pro Woche in Schaffhausen tätig sein wird, machen die mittlerweile 56 Academy-Spieler das, was die meisten NLA-Klubs zurzeit versäumen – Hallentrainings. Viele NLA-Klubs warten aus finanziellen Gründen noch ab mit dem Trainingsstart, ihre Kurzarbeit würde so aufgehoben. „Ich verstehe das, ihnen fehlen die Einnahmen“, meint Suter. „Doch es ist schade konnten wir dieses Konzept nicht auch mit den A-Nationalspielern durchführen. Ich habe nun gesehen, was wir in solch einem Block erreichen können.“

Verband zieht nach

Die SHA bildet als nationales Leistungszentrum im Handballsport längst eine Erfolgsgeschichte. In den nunmehr neun Jahren ihres Bestehens hat die Academy deutlich über 20 NLA-Spieler herausgebracht, einige davon schafften gar den Sprung ins Ausland. Aktuell werden die Jahrgänge 1999 bis 2006 ausgebildet. Für noch jüngere steht seit zwei Jahren die “Academy light“ offen. Dort können junge Handballer für einige wenige Trainings pro Woche in die Academy schnuppern kommen, ehe sie sich definitiv für oder gegen einen Beitritt entscheiden. „Ich hatte 2011 nach der visionären Idee von Giorgio Behr diesen Job übernehmen dürfen. Wir haben mit wenigen Spielern angefangen und Jahr für Jahr Zuwachs bekommen. Was wir bisher geschafft haben, hätte ich nie zu träumen gewagt“, so Suter.

Dieser betont nicht zuletzt auch die Wichtigkeit der Göttis: Ein Team von 12 Göttis – allesamt ehemalige Sportler aus der Region und beruflich erfolgreich – engagieren sich für die jungen Talente, indem sie mit einem offenen Ohr und guten Kontakten aus der Berufswelt zur Seite stehen. „Unter der Leitung des ehemaligen Kadettenspielers Beat Bachmann ist dies ein wertvoller Eckpfeiler in unserem System“, erklärt Suter.

Der Erfolg der Academy ist auch dem Schweizer Handballverband nicht entgangen. Im August öffnet der SHV in Cham eine Handball Academy für Frauen – bei den Männern hingegen wird darauf verzichtet. Den offiziellen Status „Nationale Handball Akademie“ trägt seit zwei Jahren die Suisse Handball Academy. Auch dies unterstreicht den Erfolg der SHA unter Michael Suter und seinem Team.

Quelle: Philipp Hagen, Schaffhauser Nachrichten

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