Bei PSG unglücklich, sollten die Kadetten für den damals 30-jährigen Gabor Csaszar eine blosse Übergangslösung für 1-2 Saisons sein. Sechseinhalb Jahre später verlässt der 37-jährige als Klublegende den Verein. Eine Ode an einen der ganz grossen des Schaffhauser Handballs.
Vergangenen Donnerstag ging in Winterthur die Handballsaison 2020/21 für die Kadetten (enttäuschend) zu Ende. Damit rückt auch das Vertragsende diverser Schaffhauser Akteure näher: Sebastian Frimmel, Zarko Sesum, Erik Schmidt, Angel Montoro, Mehdi Ben Romdhane (leihweise) und Gabor Csaszar werden die Kadetten im Sommer verlassen. Natürlich tut der Abgang von letzterem ganz speziell weh: Mit dem Ungaren verlässt einer der besten Handballspieler, der sich je das Orange Trikot der Kadetten übergestreift hat, den Verein.
Csaszar hätte sich einen anderen Abgang verdient gehabt. Eine bereits bestehende Knieverletzung verschlimmerte sich in Spiel 2 der Final-Serie gegen Pfadi. Der Ungare musste vergangenen Dienstag operiert werden, seine Saison ging damit vorzeitig zu Ende. Vor ihm steht nun eine lange Reha: «Der Sommer ist für mich weg, ich werde in den nächsten Wochen an Stöcken gehen müssen», erzählte Csaszar, der am Mittwoch seinen 37. Geburtstag im Spital feiern musste.
Von Paris in die Munotstadt
In der Winterpause 2015 stiess der damals 30-jährige Ungare vom Handball-Schwergewicht PSG zu den Schaffhausern. Ein Wechsel, der für jeden Handballfan überraschend kam: Csaszar war zwar bei den Franzosen nur noch zweite Wahl, hätte aber mit Sicherheit bei diversen Topmannschaften in den besten Ligen Europas Unterschlupf gefunden. Csaszar liebäugelte erst mit der Bundesliga, doch entschied er sich – nachdem er mit seinem Landsmann und damaligen Kadettenmanager Gabor Vass in Kontakt getreten war – für die Munotstadt. Es sollte erst nur eine Lösung für 1-2 Jahre sein. Doch die Kadetten stellten sich als Glücksgriff für den Ungaren heraus: «Das war damals die absolut richtige Entscheidung. In Schaffhausen fühlten sich meine Kinder, meine Frau und ich immer sehr wohl und willkommen. Das ist für mich mehr wert als alles andere», so der Vater von zwei Kindern.
Der begnadete Spielmacher war ein echter Erfolgsgarant für die Schaffhauser Mannschaft: In den rund sechseinhalb Jahren, in welchen Csaszar für die Kadetten auflief, holten sich die Schaffhauser ganze zehn Titel! Nur einmal konnte der 247-fache ungarische Nationalspieler am Saisonende nicht den Meisterpokal in die Höhe stemmen, nämlich 2018 (2020 gab es Corona-bedingt keinen Meister). Zu den vier Meistertiteln – gibt es doch noch einen fünften? – gesellen sich zwei Triumphe im Schweizer Cup und vier Supercup-Erfolge. Eine sagenhafte Ausbeute. Nicht einmal Frisuren hatte Csaszar so viele.
Der beste aller Zeiten?
In Erinnerung bleiben wird Csaszar dem Schweizer Handball vor allem für seine begnadeten Kernwürfe aus dem Rückraum, mit welchen er kaum eine Abwehrreihe nicht überwinden konnte. Selbst die europäischen Topmannschaften fanden oft kein Rezept dagegen. Kombiniert mit seiner Spielintelligenz und überragenden Übersicht, die er in genialen Kreisanspielen aufblitzen liess, war Csaszar die ultimative Waffe im Schaffhauser Rückraum. Seine Klasse wurde vor allem in den grossen Spiele offensichtlich: Unvergessen bleibt etwa sein Auftritt in der letztjährigen Champions League-Saison gegen GOG, als Csaszar gegen die Dänen unglaubliche 16 Treffer erzielte! Oder aber vergangenen Oktober gegen dieselben Dänen, als der Ungare mit dem Schlusspunkt des Spiels das 29:28 mittels Penalty erzielte und dabei die BBC Arena in Ekstase versetzte. Dies sind nur zwei Beispiele für eine Unzahl an Abenden, an welchen Csaszar die Verantwortung innerhalb der Mannschaft übernahm und mit acht, neun, zehn oder mehr Toren die Kadetten im Spiel hielt – und bisweilen auch zu grossen Siegen führte. Ist Csaszar deshalb gar der grösste Kadettenspieler aller Zeiten? Auch Kadetten-Präsident Giorgio Behr – der die Kadetten kennt wie kein Zweiter – fallen nur zwei Namen ein, die ihm diesen Titel streitig machen könnten: Attila Kottorman und Peter Kukucka. Die diplomatische Antwort Behrs: «Csaszar, Kotorman und Kukucka waren alle auf ihre eigene Art die Besten. Aber klar, Gabor stand als Spielmacher und auch als Vaterfigur für die Mannschaft im Mittelpunkt des Geschehens.»
Bodenständiger Publikumsliebling
Seinen Status als einer der ganz grossen Lieblinge des Schaffhauser Handballpublikums verdankte Csaszar aber nicht nur seiner handballerischen Brillanz, sondern vor allem auch seiner sympathischen und offenen Art. Nach Spielschluss etwa gesellte sich der Ungare in der Barena immer wieder zu den Fans und Sponsoren, sprach mit ihnen, erklärte das Spiel. Der Ungare wurde zum waschechten Schaffhauser – ähnlich wie in vergangenen Jahren ein Marcinkevicius, ein Klimciauskas oder ein Vaskevicius. «Ich brauche das, ich kann nicht einfach Handball spielen und dann nach Hause gehen. Und die Kadettenfans waren immer extrem gut zu mir – deshalb an dieser Stelle ein grosses Dankeschön an alle!»
Bald als Gegner in der BBC Arena
Nächste Saison also wird Csaszar mit seiner Familie aus Stetten weg nach Zürich ziehen und dort das Blau-Weisse Trikot von GC Amicitia überstreifen. Es wird ein spezielles Gefühl für den Schaffhauser Handballfan sein, wenn der Ungare seine brillanten Würfe auf einmal gegen Pilipovic und Biosca einsetzt. Die nähere Zukunft der Zürcher sieht auf jeden Fall rosig aus. Csaszar hat zweifelsohne noch zwei-drei gute Jahre vor sich. Seine Spielweise kommt ihm da entgegen – im Vergleich etwa zu dem ein Jahr älteren Andy Schmid basiert Csaszars Spiel viel weniger auf Geschwindigkeit. Wie lange also dürfen wir ihm beim Handball spielen noch zuschauen? «Ursprünglich wollte ich bis 40 spielen. Doch ich werde es vorzunehmen. Wenn mein Körper sagt, er kann nicht mehr, dann werde ich auf ihn hören», so der 1.86m grosse Rückraumspieler, der bei den Zürchern auch als Co-Trainer engagiert sein wird. Nach seiner Laufbahn als Aktiver wird er dann wohl definitiv im Trainer-Business Fuss fassen.
Zweifelsohne wird der Abgang Csaszars eine grosse Lücke bei den Kadetten hinterlassen. Eine Lücke, die nicht von einem Spieler alleine gefüllt werden kann, wie auch Präsident Behr meint: «Gabor kann man nicht ersetzen. Es wird an den Jungen wie Schelker, Matzke und Markovic liegen, gemeinsam die Lücke zu füllen.»
Nun bleibt uns nichts anderes übrig als Gabor alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Wir werden alle weiterhin Fans von dir bleiben!
Quelle: Kadetten Medienstelle