Rang eins und damit der Heimvorteil in den Playoffs sind den Kadetten Schaffhausen bereits sicher – nach den letzten vier regulären Meisterschaftsspielen beginnt jedoch (fast) alles wieder bei null und die heisse Phase der Saison. Das klare Ziel von Youngster Yari Price und den Orangen lautet Titelverteidigung.
Vor dem nächsten Heimspiel am Mittwoch (18.45 Uhr) in der BBC Arena gegen Otmar St. Gallen spricht der 19 Jahre alte Flügelspieler, der in Schaffhausen geboren wurde und seit der U9 durch die Jugendteams der Kadetten marschierte, über seinen Weg beim Schweizer Serienmeister, die Entwicklung des Schweizer Handballs und der Kadetten sowie das Gesetz der Anziehung.

Yari, Du hast italienische Wurzeln, einen französischen Nachnamen und bist Schweizer Junioren-Nationalspieler. Kann man es einfach ausdrücken: Du fühlst Dich als Schaffhauser?
(lacht) Ja, da gehe ich mit. Hier fühle ich mich mega wohl. Für mich ist das die Stadt in der Schweiz mit der höchsten Lebensqualität. Mit dem Rhein, dem Lindli, der schönen Altstadt und den vielen Cafés, in denen man immer jemanden trifft. Ich spreche italienisch und französisch. Früher noch besser als jetzt, aber meine italienische Grossmutter ist eine stolze Italienerin, die darauf achtet, dass die Sprache weiter im Alltag lebt.
Zwei Tage vor Deinem achten Geburtstag hast du in der U9 dein erstes Training bei den Kadetten absolviert, danach mehrfach die Jugendteams übersprungen und bereits als U19-Spieler den Sprung in den Profikader des Schweizer Meisters geschafft. Wie schwierig war dieser letzte Schritt?
Seit elf Jahren bin ich eigentlich fast jeden Tag in der BBC Arena und fühle mich sehr wohl hier. Früher habe ich den Grössen wie Luka Maros oder Zoran Markovic beim Training zugesehen und zu ihnen aufgesehen, jetzt bin ich selbst mittendrin. Zu Beginn war es schon ein sehr grosser Unterschied. Natürlich physisch, aber auch, dass du in jedem Training total fokussiert sein und in jedem Training und Spiel 110 Prozent geben musst.
Was würdest Du jungen Talenten sagen: Wie kann man es schaffen, sich auf höchstem Niveau durchzusetzen?
Man muss wollen. Wenn man daran glaubt, passiert es. Dazu gehört, dass man jeden Tag hart arbeitet und alles gibt. Auch an solchen Tagen, an denen man vielleicht einmal keine Lust hat oder sich nicht so gut fühlt. An diesen Tagen durchzuziehen, den Kopf auszuschalten und wieder 100 Prozent dafür geben, was man will, macht den Unterschied. Man muss immer zielstrebig sein und aus allem etwas mitnehmen wollen.
Was hat Dir dabei geholfen?
Viele gute Trainer, eine gute Förderung bei den Kadetten und viele hilfsbereite Mitspieler. Es gibt viele, neben meinem Positionskollegen Marvin Lier zum Beispiel Odinn Thor Rikhardsson, die mir immer wieder Tipps geben und mir bei allem Druck in ruhigem Ton helfen. Von den erfahrenen Spielern gab es viel Verständnis.
Unterstützung erhältst Du auch stets von der Tribüne, wenn Deine Familie mitfiebert. Nimmst Du das während des Spiels wahr?
Der Rückhalt ist immer enorm. Ich weiss, dass alle mit mir mitfiebern – das tut gut. Durch die Anwesenheit von Vater, Mutter und Schwester habe ich noch nie Druck empfunden, sondern ich spüre, dass sie mir immer ganz viel Liebe zuschicken.
Im Juni stehen Deine letzten Abschlussprüfungen an. Bereits davor wirst Du in die Spitzensport-Rekrutenschule in Magglingen aufgenommen.
Ja, zusammen mit den Nationalspielern Mathieu Seravalli vom BSV Bern und Valentin Wolfisberg vom HC Kriens-Luzern können wir so die Dienstpflicht und den Spitzensport optimal kombinieren.
Im August findet die U19-Weltmeisterschaft in Ägypten statt. Nach dem elften Platz bei der EM: Hat die Schweiz das Zeug, um noch weiter oben anzugreifen?
Wir waren alle enttäuscht, dass wir so knapp die Hauptrunde verpasst haben. Unsere Gruppengegner Schweden und Ungarn wurden schliesslich Europameister und Dritter – trotzdem hat gegen Schweden nur ein Tor gefehlt. Das zeigt, dass wir einen starken Jahrgang haben. Daher wollen wir nun bei der WM mehr und unter die Top Acht. Das können wir schaffen.
Neben den internationalen Aufgaben mit der Nati gab es diese Saison den Profivertrag für die erste Mannschaft, Dein erstes Tor in der European Handball League per Dreher und den Supercup-Gewinn. Du lebst den Traum vieler Handball-Talente. Muss man sich da manchmal selbst zwicken?
Es ist schön, das Vertrauen zu bekommen und ein Hammer-Gefühl in solchen Spielen dabei zu sein, die Gänsehaut beim Einlaufen zu bekommen. Ende letzten Jahres dachte ich schon mehrfach: Krass, dass ich hier bin. Inzwischen komme ich darauf klar. (lacht) Auf diese Momente hat man lange hingearbeitet.
Die Schweizer Nationalmannschaft erreichte zuletzt ein historisch gutes Ergebnis bei der WM, aus dem Nachwuchs rückten viele hochtalentierte Hoffnungen nach und die Quickline Handball League hat neben den Kadetten mit Kriens-Luzern einen weiteren Verein, der nun auf europäischer Ebene für Furore sorgt. Wie beurteilst Du die Entwicklung der Nati und der Liga?
Andy Schmid baut erfolgreich viele junge Talente ein und schenkt ihnen das Vertrauen. Hier tut sich sehr viel und der elfte Rang bei der WM sagt einiges. Er zeigt, was sich bewegt, auch wenn es wieder einmal Rückschläge geben sollte. Es wird sicher noch etwas Zeit brauchen, aber wenn es so weitergeht, kann man sich künftig auch noch weiter nach oben orientieren. Die Liga wird jedes Jahr stärker und es gibt einige Teams, die uns nerven können – nicht nur Kriens. Die Liga ist sehr ausgeglichen, in der zum Beispiel St. Gallen gegen Kriens gewinnen kann, das zuvor super mit Montpellier mitgehalten hat.
Was bedeutet das für die Kadetten?
Der Verein wird sehr professionell geführt und wir haben eine sehr starke Mannschaft mit vielen erfahrenen Spielern und einen breiten Kader. Es wird nicht einfach, uns vom Thron zu stossen. Mit jungen, hungrigen und schnellen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs sowie erfahrenen Topspielern werden wir in Zukunft einen guten Mix haben.
Bald geht es um den Titel in der Saison 2024/25. Die schönste Zeit des Jahres?
Wir sind alle heiss und bereit. Dann geht es von vorne los und auch die beiden Tabellenersten haben ihren Platz in den Finals noch längst nicht sicher. Das werden grosse Kämpfe mit grossen Emotionen. Die Vorfreude darauf ist riesig. Für mich würde der nächste Kindheitstraum in Erfüllung gehen, wenn ich den Meisterpokal in der BBC Arena in die Höhe recken dürfte. Dazu will ich meinen Teil beitragen. Bis zu den Playoffs wollen wir jedes Spiel nutzen, um dann mit 100 Prozent da zu sein.
Wie bekommst Du zwischen dem Druck und den hohen Erwartungen den Kopf frei und neue Energie?
Zum Beispiel beim Darts spielen, wenn David Hrachovec, Patrik Martinovic, Julien Meyer oder Odinn Thor Rikhardsson keinen Stich sehen (grinst). Aber auch beim netten Gespräch mit Freunden in einem Café oder beim Lesen eines guten Buches. Ich beschäftige mich gerade mit dem «Gesetz der Anziehung». Du ziehst das an, was du denkst. Der Beweis bin ich. Seit der Jugend träume ich von der ersten Mannschaft – jetzt bin ich hier. Unterstützend hilft mir Meditation. Träume werden wahr, wenn man daran glaubt und alles dafür tut.
Die Heimspiele vor den Playoffs
Quickline Handball League: Kadetten Schaffhausen vs. Otmar St. Gallen | Mittwoch, 19.3., 18.45 Uhr | Tickets online |
Quickline Handball League: Kadetten Schaffhausen vs. HSC Suhr Aarau | Samstag, 29.3., 18.45 Uhr | Tickets online |
Quelle: Kadetten Medienstelle, Andreas Joas
Bild: Michael Kessler