Unser Rechtsaussen und Nationalspieler Max Gerbl über das Leben als Handballprofi, seine Vertragsverlängerung bei den Kadetten und warum er und Nik Tominec das beste Duo der Welt bilden – auch wenn immer mal wieder die Fetzen fliegen.
Max Gerbl, wie ist das Leben als Kadettenprofi eigentlich so? Wirst du auf den Strassen Schaffhausens oft erkannt?
Gerbl: Ich betone immer wieder, es ist ein absolutes Privileg Kadettenprofi zu sein. Wir haben unser Hobby und Leidenschaft zu unserem Beruf gemacht. Ich denke ich darf für alle sprechen, wenn ich sage, dass wir es geniessen. Jeden Tag in die Halle zu kommen, die Champions League-Reisen erleben zu dürfen – Spiele in Moskau, Bukarest, Dänemark, Schweden. Das sind Erfahrungen und Dinge die man erst zu schätzen weiss in Situationen wie jetzt in dieser Krise, in der sie von einem auf den anderen Tag wegfallen. Ich habe mir nie vorstellen können Handballprofi zu werden. Klar man träumt davon, aber als Kind will und sagt man ja viel noch viel. Zu realisieren, dass es jetzt wirklich so ist hat bei mir extrem lange gedauert. Auf der Strasse erkannt werde ich zwar nicht gross. Ich hatte ein spezielles Erlebnis nach dem Länderspiel gegen Deutschland im März letzten Jahres. Als wir gewonnen haben stiess dies schon auf eine grosse Reaktion in der Schweiz, wir hatten den grossen Nachbarn geschlagen. Am selben Abend sind wir zurückgeflogen und am nächsten Tag ging ich mit der Freundin in der Stadt brunchen. Ein altes Ehepaar an der Kasse sagte dann zu mir „du hast sehr gut gespielt gestern, weiter so.“ Das war ein sehr schönes Gefühl, aber eine einmalige Sache. Ich kann mich sehr frei bewegen – was auch schön ist.
Du bist seit zwei Jahren Stammspieler bei den Kadetten. Ist das Ausland schon ein Thema?
G: Inzwischen bin ich schon drei Jahre in der 1. Mannschaft und habe meinen Vertrag vor kurzem verlängert. Dies, weil ich weiss, was ich an dem Verein habe und ich weiss zu schätzen, was mir der Verein gibt. Die Infrastruktur ist extrem gut, das Umfeld passt, es wird sehr professionell gearbeitet, wir Spieler werden von Aljosa Udovc sehr gut betreut. Das können nicht viele Verein bieten, in der Schweiz sowieso nicht, und auch im Ausland nur wenige. Klar träumt man als Junge davon in einer der grossen Ligen zu spielen, ob Frankreich oder Deutschland spielt dabei keine Rolle. Das bleibt so lange im Kopf bis sich der Traum erfüllt. Als ich in Berlin war, habe ich die Stimmung miterlebt in der Halle – man sehnt sich schon nach solchen Atmosphären. Der Sport hat hier in der Schweiz halt nicht denselben Stellenwert. Momentan bin ich aber sehr glücklich und ich bin sicher, ich werde meinen Weg gehen. Dabei lasse ich mich auch nicht stressen, will sorgfältig planen. Wenn der Schritt dann kommt, soll er gut durchdacht sein.
Du bildest zusammen mit Nik Tominec auch den rechten Flügel in der Nati. Mit Levin Wanner ist ein weiterer Schaffhauser im erweiterten Kader der Schweiz – haben die Kadetten einfach Glück mit Linkshändern?
G: Das mag verschiedene Seiten haben. Es ist sicher etwas Glück dabei, aber die Kadetten tragen da auch ein grossen Teil mit der Swiss Handball Academy bei. Da werden die jungen Handballer in einem perfekten Umfeld ausgebildet. Es ist schön zu sehen, dass es so gut funktioniert. Ausserdem kann ich nur Positives über meinen Teamkollegen Nik sagen, der auch mein Vorbild ist. Wir versuchen einander zu pushen und voneinander zu lernen und herauszufordern. Wir wollen, dass der andere jeden Tag einen Schritt vorwärts macht. Da kann es auch sein, dass im Training mal die Fetzen fliegen. Es gibt in der Schweiz oder vielleicht auf der ganzen Welt kein so gutes Team wie mich und Nik – wir sind mittlerweile eine eingestimmte Symbiose.
Der Saisonabbruch hat vielen Spielern und Fans das Handballherz gebrochen. Wie geht es bei dir momentan weiter?
G: Momentan bin ich natürlich viel zu Hause. Ich versuche mich voll auf das Studium zu konzentrieren. Ich habe mein Pensum aufgestockt und bin jetzt Vollzeit am Studieren, da ich ja auch mehr lernen kann. Ich habe bislang möglichst oft versucht nach Basel zu pendeln, aber jetzt da alles per Videokonferenzen und Podcasts läuft ist es einfacher für mich. Und da mein Beruf und Leidenschaft, der Handball wegfällt, ist es ein willkommener Ausgleich, mein Studium ein grosses Stück voranzutreiben. Und da ich so viel Zeit zum Lernen hatte, bin ich auch zuversichtlich, dass ich im April alle Prüfungen bestehen werde.
Was wirst du als erstes tun, wenn die Corona-Krise vorbei ist?
G: Ich will einfach wieder einmal in einem Restaurant essen gehen. Meine Freundin und ich kochen nun viel zu hause, was auch schön ist. Aber ich würde mit ihr gerne wieder einmal schön ausgehen. Oder auch nur einen Kaffee trinken zu gehen wäre eine willkommene Abwechslung. Und natürlich auch Freunde treffen, vor allem jetzt mit dem schönen Wetter. Ich bin jetzt auch nicht mehr die Eltern besuchen gegangen. Meine Mutter hatte vor zwei Wochen Geburtstag, da steht noch ein Essen aus.
Quelle: Kadetten Medienstelle